Gesundheit

Gemeinsam Barrieren abbauenWittekindshof und Krankenhaus Lübbecke erleichtern Menschen mit Beeinträchtigungen den Aufenthalt im Krankenhaus

Ein Aufenthalt im Krankenhaus ist für viele Menschen eine Herausforderung – für Menschen mit Beeinträchtigungen aber ganz besonders. Ungewohnte Abläufe, fremde Umgebung, medizinische Geräte und eine Vielzahl neuer Eindrücke können Ängste und Unsicherheiten auslösen. Damit notwendige Untersuchungen, Behandlungen oder Eingriffe dennoch reibungslos und so einfühlsam wie möglich verlaufen, haben die Diakonische Stiftung Wittekindshof und das Krankenhaus Lübbecke nun gemeinsam ein abgestimmtes Vorgehen erarbeitet, das auf die besonderen Bedürfnisse dieser Patientinnen und Patienten Rücksicht nimmt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei eine Patientenlotsin.

„Ziel ist es, den Krankenhausaufenthalt für Patientinnen und Patienten mit Unterstützungsbedarf gut planbar, verständlich und sicher zu gestalten“, sagt Urte Abbate, Pflegedirektorin des Krankenhauses Lübbecke. Dafür wurden Prozesse abgestimmt, Kommunikationswege festgelegt und klare Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner definiert. So wissen sowohl das Krankenhauspersonal als auch die begleitenden Fachkräfte aus dem Wittekindshof genau, worauf es ankommt.

Angehörige setzen Impuls

Doch der Weg dahin war nicht ganz einfach. Es mussten einige Herausforderungen überwunden werden, wie die Corona-Pandemie. „Vor der Pandemie ist dieses Thema bereits aufgekommen. Der erste Impuls, dass es eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen dem Wittekindshof und dem Krankenhaus braucht, kam von unserem Angehörigenbeirat“, erzählt Dr. Christina Heinrich, Fachstab Gesundheit Wittekindshof.

Trotz der herausfordernden Pandemie sind beide Seiten am Ball geblieben, denn die Motivation war und ist auf beiden Seiten hoch. „Manche Menschen, die bei uns behandelt werden, haben einfach besondere Bedürfnisse und wir möchten diesen Bedürfnissen – soweit es uns möglich ist – gerecht werden. Daher ist es uns ein großes Anliegen, dass wir den Klientinnen und Klienten des Wittekindshofes ein stabiles Setting im Krankenhaus bieten“, erläutert Pflegedirektorin Urte Abbate.

 

Jeder Mensch, der bei uns lebt, ist individuell – hat ganz individuelle Herausforderungen zu bewältigen und man kann hier keine Schablone verwenden.

Susanne Kupfer, verantwortliche Fachkraft Pflege Wittekindshof

Auch ist der Bedarf in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen: Immer mehr Menschen aus dem Wittekindshof werden im Krankenhaus Lübbecke versorgt, was unter anderem auch daran liegt, dass die Menschen mit Beeinträchtigungen älter werden – mit dem Alter steigt auch der Bedarf an medizinischen Behandlungen.

Am Anfang der Zusammenarbeit war es erstmal notwendig zu klären, wie läuft es auf der jeweiligen Seite – welche Personen begleiten beispielsweise die Klientinnen und Klienten des Wittekindshofes im Krankenhaus, was dürfen die Begleitpersonen wissen und entscheiden. Der Umgang mit Datenschutz war dabei ein relevantes Thema, das abgeklärt werden musste. Wie können geplante Untersuchungen, Behandlungen und Eingriffe vorab durchgeplant und organisiert werden – welche Bedürfnisse haben die Menschen und worauf muss das Krankenhauspersonal besonders achten. „Jeder Mensch, der bei uns lebt, ist individuell – hat ganz individuelle Herausforderungen zu bewältigen und man kann hier keine Schablone verwenden. Daher ist der größte Punkt: gegenseitiges Verständnis. Und dieses Verständnis ist auf beiden Seiten vorhanden“, betont Susanne Kupfer, verantwortliche Fachkraft Pflege Wittekindshof.

Ein zentraler Bestandteil der neuen Vorgehensweise ist die enge Zusammenarbeit mit der Patientenlotsin des Krankenhauses Lübbecke, die laut Dr. Christina Heinrich „Gold wert ist“. „Denn sie setzt sich mit unglaublichem Engagement ein.“

Ich bin, wenn erforderlich, vor der OP und danach im Aufwachraum dabei – damit die Menschen eine Konstante haben

Susanne Sander, Patientenlotsin

Patientenlotsin Susanne Sander und die Kolleginnen und Kollegen der beiden Pilotstationen stehen den betroffenen Patientinnen und Patienten sowie deren Begleitpersonen während des Aufenthaltes im Krankenhaus zur Seite – von der Aufnahme über die Untersuchung oder Behandlung bis zur Entlassung. Mit viel Einfühlungsvermögen erklärt sie Abläufe und sorgt dafür, dass niemand allein gelassen wird. Sie spricht bereits vorab mit den Begleitpersonen und hält alle wichtigen Informationen schriftlich fest. „Wie zum Beispiel, was isst der Patient gerne, was mag er ansonsten gerne oder was überhaupt nicht. Wovor hat der Patient Angst“, erzählt Susanne Sander. So kann sich die Patientenlotsin bestmöglich auf die Patientin oder den Patienten einstellen. „Wenn Operationen geplant sind, halte ich vorab auch Rücksprache mit den Ärztinnen und Ärzten. Ich bin, wenn erforderlich, vor der OP und danach im Aufwachraum dabei – damit die Menschen eine Konstante haben“, erklärt die Patientenlotsin.

„Für unsere Klientinnen und Klienten ist der Gang ins Krankenhaus oft eine große Hürde. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus wollen wir Hemmschwellen abbauen, ein Stück Normalität herstellen“, sagt Vanessa Wagner, verantwortliche Fachkraft Pflege Wittekindshof.

Die Zusammenarbeit hat bereits erste Früchte getragen – im Krankenhaus Lübbecke wurde eine Verfahrensanweisung entwickelt, so wissen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie der Ablauf geregelt ist. Das sorgt für Sicherheit – für die betroffenen Patientinnen und Patienten, die Begleitpersonen und anderen Mitarbeitenden des Wittekindshofes und für das Krankenhauspersonal.

Für Dr. Christina Heinrich, Fachstab Gesundheit Wittekindshof, ist die Kooperation mit dem Krankenhaus Lübbecke ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Inklusion gelingen kann: „Die Zusammenarbeit ist wirklich herausragend und unsere Hoffnung ist natürlich, dass wir auch mit anderen Kliniken und Krankenhäusern solche Prozesse anstoßen können.“

Im Krankenhaus Lübbecke müssen sich die neuen Abläufe, Prozesse und Strukturen nun auch fest etablieren. Die Arbeitsgruppe hat sich auch dem Thema Notfallversorgung gewidmet. „Die Betreuung der Menschen im Notfall aus dem Wittekindshof ist im letzten Treffen erarbeitet worden und befindet sich in der Umsetzung. Wir freuen uns auch zukünftig im regelhaften Austausch als Arbeitsgruppe agieren zu dürfen, um weitere Themen bearbeiten zu können“, berichtet Urte Abbate.

Die Zusammenarbeit ist wirklich herausragend und unsere Hoffnung ist natürlich, dass wir auch mit anderen Kliniken und Krankenhäusern solche Prozesse anstoßen können.

Dr. Christina Heinrich, Fachstab Gesundheit Wittekindshof