Ahaus (JP). Der Rohbau ist bereits vorangeschritten und im Herbst 2024 soll das Gebäude einzugsbereit sein: an der Hindenburgallee, schräg gegenüber der Bischöflichen Canisiusschule, entsteht derzeit unter dem Titel „Zuhause am Schlossgarten“ ein neues Wohnhaus für Menschen mit Beeinträchtigung. Zwölf Männer und Frauen, die auf Unterstützung im Alltag angewiesen sind, werden dort einziehen. Begleitet werden sie von der Diakonischen Stiftung Wittekindshof.
„Getreu unseres genossenschaftlichen Mottos ‚Was einer alleine nicht schafft, schaffen viele‘ ist hier ein großes Gemeinschaftsprojekt entstanden“, fasst Klaus Gorkotte, Geschäftsführer der Volksbank Gronau-Ahaus Immobilien GmbH, beim Vorstellungstermin zusammen. Die Volksbank investiert, Architektin Magdalene Boonk hat geplant, Stange und Vortkamp Immobilien baut, der Wittekindshof sowie eine externe Tagespflege ziehen ein.
„Wir freuen uns, dass wir gemeinsam solch ein Projekt mit starken Partnern umsetzen können. Denn bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit Beeinträchtigung ist Mangelware und es ist nicht leicht, Partner zu finden, die sich für erschwinglichen Wohnraum einsetzen“, betont Michael Bleiber, als Regionalgeschäftsführer beim Wittekindshof verantwortlich für sämtliche Angebote der Stiftung in den Kreisen Borken und Steinfurt. Zur Baustellenbesichtigung mit anschließendem Infoabend in den neuen Räumen der Volksbank waren potentielle Mieter und Mieterinnen sowie Angehörige und rechtliche Betreuungen gekommen.
1100 Quadratmeter Nutzfläche
Direkt am Durchgang zum Schlosspark gelegen, entsteht an der Hindenburgallee ein dreigeschossiges Niedrigenergiehaus mit gut 1100 Quadratmetern Nutzfläche, davon entfallen etwa 370 Quadratmeter auf die Tagespflege im Erdgeschoss. Dort werden zukünftig 18 pflegebedürftige Senioren und Seniorinnen tagsüber betreut, die die Nacht aber zuhause verbringen. So werden beispielsweise Angehörige entlastet. Der Anbieter kommt aus dem Raum Velen und wird einen Hol- und Bringdienst anbieten.
Ebenfalls im Erdgeschoss wird der Wittekindshof Büroräume, einen Gemeinschaftsraum, der den Mietern und Mieterinnen zur Verfügung steht und Treffpunkt sein soll für Begegnungen und Freizeitangebote beziehen. Im ersten und zweiten Geschoss entstehen zwölf barrierefreie Appartements, die jeweils zwischen 45 und 47 Quadratmeter groß sind, über einen eigenen Balkon sowie Badezimmer, Abstellkammer, Wohnraum und Küchenzeile verfügen und vermietet werden. Alle zwölf Wohnungen seien bereits vergeben und es gäbe eine Warteliste. Eine 13. Einheit werde der Wittekindshof für andere Zwecke nutzen. Der Garten wird gemeinschaftlich genutzt. Die Fenster sind mit einer Drei-Scheiben-Verglasung versehen und die Außenfassade massiv gedämmt: „Wir liegen hier weit über den Standards“, betont Bauunternehmer Mark Vortkamp. W-Lan und Satelliten-Anlage seien zum Einzug vorhanden: „Sie ziehen ein, stecken den Stecker ein und los geht es.“
Individuelle Begleitung
Einziehen werden Frauen und Männer mit Beeinträchtigung, die auf etwas mehr Unterstützung im Alltag angewiesen sind, aber alleine wohnen wollen. Die Bedarfe dabei seien sehr unterschiedlich: „Es wird eine Hauswohngemeinschaft, in der die Menschen nach ihrem individuellen Bedarf begleitet werden“, erklärt Diakon Jörg Frieske, der als Geschäftsbereichsleitung Wittekindshofer Wohnangebote in Ahaus und Gronau verantwortet. Es erfolge für jede Person eine sogenannte individuelle Bedarfsermittlung, das heißt, es wird genau geprüft, in welchen Lebensbereichen die Person Hilfe benötige. Daraus werde dann das Betreuungskonzept individuell entwickelt: „Es wird beispielsweise geschaut, ob jemand in der eigenen Wohnung oder in der Gemeinschaft essen möchte, selbst kochen möchte oder sich etwas liefern lässt. Der Einkauf, die Wohnungspflege, Behörden- oder Arztgänge werden nach Bedarf und in Absprache geplant. Von 7 bis 22 Uhr sind Mitarbeitende im Haus, nachts gibt es, je nach individuellen Bedarfen der zukünftigen Mieter und Mieterinnen eine Schlaf- oder Rufbereitschaft, die kontaktiert werden kann. Am Abend werden wir zudem ein Gemeinschaftsangebot machen – wie Basteln oder Sport“, führt die Geschäftsbereichsleitung konkret aus.
Medizinische Pflege werde ambulant vorgenommen, dafür sei jeder selbst verantwortlich, der Wittekindshof unterstützt aber gerne. Ebenso bei Anträgen und Gesprächen mit den Kostenträgern. Denn viele Frauen und Männer, die an der Hindeburgallee einziehen werden, kommen aus einer gemeinschaftlichen Wohnform (früher stationär genannt), in der alles aus einer Hand kommt und pauschal abgerechnet wird. „Das wird sich nun alles ändern. Sie oder Ihre Angehörigen leben dann in ihrer eigenen Wohnung“, macht Jörg Frieske noch einmal deutlich. „Ein toller Schritt in Richtung Selbstständigkeit.“