Bad Oeynhausen-Volmerdingsen (ACL). Moni sitzt im Rollstuhl und wartet an der Bushaltestelle. Dort trifft sie Herrn Frank, der ihr eine Halskette schenkt. Als er ihr die Kette umlegt, berührt er sie an der Brust und will Fotos von ihrem Ausschnitt machen. Moni wehrt sich. Das ist eine Spielszene des interaktiven Theaterstücks "Ja! und Nein! und Lass das sein!", welches die Theaterwerkstatt Osnabrück auf dem Wittekindshofer Gründungsgelände aufgeführt hat.
Den Kopf massieren oder umarmen – was gefällt mir und was nicht? Und können diese Gefühle bei Menschen unterschiedlich sein? Mit diesen Fragen haben sich 90 Menschen mit Beeinträchtigung gemeinsam mit den Theaterpädagogen Simone Heiser und Stefan Tillmanns beschäftigt. "Wir führen kleine Geschichten auf, in denen es um Ja- und Nein-Gefühle geht, und die die Lebenssituation von Menschen mit Beeinträchtigung widerspiegeln", sagt Simone Heiser. "Wir zeigen immer einen Weg auf, der zu einer guten Lösung führt", setzt ihr Kollege Stefan Tillmanns hinzu. Dazu zähle auch die Interaktion mit dem Publikum, um das Gesehen noch einmal zu verarbeiten. Denn was sind eigentlich Ja- und Nein-Gefühle? "Wenn ich ins Kino gehe, habe ich ein Ja-Gefühl", nennt Simone Heiser ein Beispiel. Auch den Zuschauern und Zuschauerinnen fallen direkt Situationen ein: "Ich habe ein Nein-Gefühl, wenn mich jemand bedrängt" oder "Ich mag es nicht, wenn jemand von hinten an mich herankommt." "Und was kann ich tun, wenn ich ein Nein-Gefühl habe?", fragt Stefan Tillmanns. Antworten aus dem Publikum kommen prompt: "Ich kann sagen: Halt, Stopp! Lass das.", "Kein Anschluss unter dieser Nummer!"
Werkstatt organisiert Präventionsangebot
"Das Recht von Menschen mit Beeinträchtigung, über ihren Körper und ihre Sexualität zu bestimmen, muss ganz besonders geschützt werden. Wir bieten daher verschiedene Veranstaltungen zur Aufklärung und zur Gewaltprävention an“, sagt Ruth von Zabeltitz, die als Fachkraft Gewaltprävention sowie im Sozialdienst der Wittekindshofer Werkstätten tätig ist und den Theaterworkshop organisier hat. Das Präventionsprogramm sei ein Baustein, um Männer und Frauen mit Beeinträchtigung zu bestärken und für das Thema Gewaltschutz zu sensibilisieren. Dazu haben die Theaterpädagogen das passende Lied im Gepäck. In den eingängigen Refrain stimmen die Zuschauer und Zuschauerinnen prompt mit ein: "Ich will das nicht, ich mag das nicht, lass das sein."
Ausstellung "Echt stark"
Parallel zu den Theateraufführungen war im Wittekindshofer Kontakt- und Informationszentrum auf dem Gründungsgelände für die Kinder und Jugendlichen der Wohnhäuser sowie der Förderschule die thematisch passende Ausstellung „ECHT STARK!“ des Petze-Instituts aufgebaut. Sie bietet Mädchen und Jungen mit Lernschwierigkeiten und oder geistiger Beeinträchtigung die Möglichkeit, sich spielerisch mit den Präventionsprinzipien wie "Mein Körper gehört mir", guten und schlechten Gefühlen, dem Nein-Sagen und Hilfe-Holen auseinandersetzen können. Im Mitmach-Parcours konnten die Jungen und Mädchen sich ihren individuellen Fähigkeiten entsprechend an sechs abwechslungsreichen Spielstationen mit den einzelnen Präventionsbausteinen vertraut machen.