„Wie steht’s um die Inklusion?“Politik-Talk beim Aschermittwochsempfang

Bürgermeister, Landräte, Landtags- und Bundestagsabgeordnete haben sich beim Aschermittwochsempfang den Fragen des theologischen Vorstands, Marian Zachow, gestellt. Eine Zusammenfassung. 

„Kommt die ‚Re-Exklusion?“

„Uns als Inklusionsgestalter, als Inklusionsdienstleister brennt die Frage unter den Nägeln wie es mit dem Thema Inklusion weitergeht. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten erlebt, wie ein Begriff, der 2023 zum Unwort des Jahres gewählt worden ist, mittlerweile auf Parteitagen bejubelt wird. Und wir machen uns Sorgen: Sind Menschen mit Beeinträchtigung die Nächsten, die in die Kritik der Populisten geraten? Droht uns möglicherweise von Populisten gemacht nach der furchtbaren Forderung der ‚Remigration‘ die genauso furchtbare Forderung nach ‚Re-Exklusion?“, leitete Marian Zachow das Gespräch ein. 

  • Stefan Schwarzte

    Zachow: „Herr Schwartze, teilen Sie diese Befürchtung? Und vor allem: Was kann man dagegen tun?“

    Stefan Schwartze, Mitglied des deutschen Bundestags (SPD): „Wenn ich mir diesen Wahlkampf angucke, dann ist das ganze Thema Inklusion überhaupt nicht auf der Tagesordnung gewesen. [...] Alles, was mit Integration Inklusion zu tun hat, wird an den Stellen im Bundestag, in Ausschusssitzungen wirklich verteufelt und man sieht überhaupt nicht, welchen wertvollen Beitrag das Ganze in den letzten Jahren geleistet hat. Wir haben noch einen großen Weg vor uns, um in der Gesellschaft inklusiver zu werden und eine bessere Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Aber es ist absolut unbestreitbar, welch wichtiger Fortschritt bereits gelungen ist, welch wichtiger Beitrag für die Gesellschaft auch für Menschen mit Behinderung geleistet wird. Der darf überhaupt nicht weggedacht werden.“

  • Oliver Vogt

    Zachow: „Herr Vogt, was erwartet uns denn in Sachen Inklusion?“

    Oliver Vogt, Mitglied des Deutschen Bundestags (CDU): „Es ist von meinem Kollegen Stefan Schwartze schon deutlich gemacht worden, aus welcher politischen Ecke diese Begrifflichkeiten kommen – auch die Art und Weise, mit dem Thema umzugehen. Auch wenn wir zwei keine aktuelle keine Informationen aus den vertraulichen Sondierungsgesprächen bekommen, bin ich mir sicher, dass die nächste Bundesregierung demokratische Parteien beinhalten wird und die werden den Fokus anders legen. Wir verwenden solche Begriffe, die ich abstoßend und widerlich finde, nicht. Das können nur Menschen in den Mund nehmen und diese Dinge vorantreiben, die sich noch nie die Mühe gemacht haben, tatsächlich mal in eine Einrichtung zu gehen und sich mal anzuschauen, was dort geleistet wird.“

  • Benjamin Rauer

    Marian Zachow: Wenn wir als Träger der Eingliederungshilfe Besuch auch Düsseldorf haben, fragen wir natürlich auch mal nach dem Geld. Herr Rauer, Sie sind Teil der Regierungskoalition. Was können wir uns erhoffen und erwarten? Gerade mit Blick auf das Thema Übergang in den ersten Arbeitsmarkt für Menschen, die behindert werden?

    Benjamin Rauer, Mitglied des Landtags NRW (Bündnis 90/Die Grünen): „Sie werden von mir jetzt keine Antwort bekommen, dass es in Ihrer Arbeit jetzt mehr oder weniger Geld gibt. Das ist Teil der schon laufenden Haushaltsplanung [...] Wir müssen insgesamt gucken, wie wir mit dem Thema Inklusion umgehen. [...] Es gibt Teile in der Politik und Gesellschaft, die einen ganz anderen Blick darauf haben, wie wir mit den Menschen umgehen, die unsere Unterstützung brauchen. [...] Hier sitzen mehrere 100 Leute, und bestimmt haben einige Freunde oder Bekannte, die diese faschistische Gruppe gewählt haben. [...] Es ist unser Auftrag, in die Gespräche zu gehen, um klarzumachen, nicht nur für was die AfD steht, sondern für was wir als Gesellschaft stehen.“

  • Christina Weng

    Marian Zachow: „Bleiben wir in Düsseldorf: Frau Wenig, was können wir uns erhoffen, erwarten oder was können wir fordern in Sachen Inklusion?“

    Christina Weng, Mitglied des Landtags NRW (SPD): „„Wenn es um die AfD geht: Das ist das eine. […] Das ist in meinen Augen verachtungswürdig. Aber wir sind 80 Prozent, die sagen, wir sind die inklusive Gesellschaft und damit sind wir die, die für Inklusion laut sein können. Leider erleben wir immer wieder, dass wenn das Geld weniger wird, dass es auch mit der Verteilung schwieriger wird. […] In Nordrhein-Westfalen haben wir immer noch keinen Aktionsplan Inklusion. […] Ich glaube, wir müssen klar haben, was wir wollen. Respekt. Die Würde des Menschen ist unantastbar und das ist kein beliebiges Thema. […] Wenn das Geld weniger wird, dann kümmern wir uns tatsächlich nicht um die guten Übergänge. […] Ein Mensch ist ein Mensch, wir wollen eine inklusive Gesellschaft und dann brauchen die Menschen die Unterstützung, die sie brauchen. […] Das ist unsere Aufgabe, wenn es um gleichwertige Lebensbedingungen geht.“

  • Lars Bökenkröger

    Marian Zachow: Inklusion wird letztlich vor Ort entschieden. Lieber Lars Bökenkröger, auf welche inklusiven Projekte sind Sie hier in der Stadt besonders stolz?

    Lars Bökenkröger, Bürgermeist der Stadt Bad Oeynhausen (CDU): „Wir haben im letzten Jahr hier über die Öffnung des Gründungsgeländes gesprochen. Ich bin stolz, dass die Öffnung keine Einbahnstraße ist. Die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Bad Oeynhausen und der Diakonischen Stiftung Wittekindshof war noch nie so gut und eng wie jetzt. [...] Es gibt viele Felder, auf denen wir uns die Bälle zuspielen, wie etwa die Entwicklung von Wohnfläche. [...]Auch für die Stadtverwaltung als Arbeitgeber spielt das Thema Inklusion eine große Rolle. Eine der ersten Maßnahmen in meinem Amt war der Abschluss der Inklusionsvereinbarung. Wir haben viel Potenzial, das wir noch mehr heben müssen, wobei wir unsere Quoten seit Jahren erfüllen und sogar übererfüllen. [...] Das sind zwei Aspekte, auf die ich sehr stolz bin, dass sie gut funktionieren und wir den Weg entschieden gemeinsam weitergehen werden.“

  • Wolfgang Günther

    Marian Zachow: Herr Günther, wie steht's in Sachen Inklusion im Nachbarkreis?

    Wolfgang Günther, erster stellvertretender Landrat des Kreises Herford (SPD): „Inklusion ist ein großes Thema im Kreis Herford. Wichtig ist es uns vor allem im Bereich der Schulen, wir haben Inklusionsberater und Förderschulen in eigener und kirchlicher Trägerschaft, die wir zusammenführen, um Inklusion voranzutreiben. Inklusion betrifft aber auch die Freizeit, und wir sind aktiv mit inklusiven Sportfesten. Es gibt noch viel zu tun. Wir versuchen etwa unsere Quote an Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung weiter zu steigern, so dass wir vielleicht zehn Prozent erreichen.“

  • Ali Dogan

    Marian Zachow: Wie viel Arbeitsplätze für Menschen, die heute noch einen Werkstattvertrag haben, haben Sie in der nächsten Zeit vorgesehen? Wie viele werden demnächst Kollegen und Kolleginnen der 10.000 Mitarbeitenden Ihrer Kreisverwaltung? 

    Ali Dogan, Landrat des Kreises Minden-Lübbecke (SPD): „Ich glaube, es ist bekannt, dass der Kreis Minden-Lübbecke gemeinsam mit dem gesamten Kreistag ein entschiedener Befürworter des Themas Inklusion ist. […] Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir an diesem Punkt nicht sparen dürfen, sondern wir in der Zukunft noch weitere Herausforderungen haben werden, die wir gemeinsam meistern. 

    Ich bin stolz darauf, dass wir als Kreis Minden-Lübbecke einen hervorragend funktionierenden Beirat für Menschen mit Behinderung haben, und ich bin stolz auf die Träger-Pluralität, die wir hier vor Ort haben. […] Diese Pluralität erhalten und fördern wir. Sie können sich sicher sein, dass wir, bei dem Bedarf, der erforderlich ist, auch die notwendigen finanziellen Ressourcen bereitstellen werden, egal wie schwierig die Haushaltsbedingungen sind. Gerade in diesem Bereich sind wir noch lange nicht an dem Punkt, dass wir sparen werden, sondern die notwendigen Investitionen tätigen.“